Words without thoughts never to heaven go

An manchen Tagen fällt mir verstärkt auf, dass die Menschen mehr miteinander sprechen sollten als sie es eigentlich tun. Ehrlicher sein und sich mehr offenbaren. Gestern war wieder einer dieser Tage. Gestern ging es mir zur Abwechslung einmal wieder sehr gut und so machte ich meinen kleinen Spaziergang zum Haupthaus. Eigentlich dachte ich nur, dass ich einen von Giselhers berüchtigten Tees bekomme und ein wenig lesen kann, doch wie es so kam, war ein Großteil des Hauses anwesend und so konnte ich meine Pläne vom Nachmittag in die Tat umsetzen.

Zuerst sprach ich mit Giselher. Es war gut, mit ihm zu sitzen, Tee zu trinken und zu reden. Ich würde mich freuen, wenn er mich einmal aufsuchen würde an jenen Tagen, an denen ich alleine daheim sitze aber ich werde dies ihm gegenüber nicht erwähnen, denn dann würde er es als seine Pflicht und einen Befehl ansehen und das wäre nun wirklich nicht in meinem Interesse. Aber so konnte ich mit ihm die Dinge, über die ich am Nachmittag nachdachte, sprechen und ich denke, dass er mich verstanden hat. Kurz darauf sprach er mit Cinlir und so wie ich es verstanden hab, wird wohl nun Giselher den Posten des Seneschalls übernehmen und vor allem als Mittelsmann zwischen Cinlir und denen fungieren, die ihnen beiden unterstellt sind. Giselher spricht mehr die Sprache, die von Nutzen ist und vielleicht beugt dieses ein wenig der Frustration Cinlirs vor, wenn dieser einmal mehr nicht verstanden wird. Cinlirs Sprache spricht hier kaum jemand sehr gut außer mir und ich denke dem Freiherren, der genug Erfahrung mit Enlir hat.

Danach sprach ich mit Elmion Cardaan. Er ist ein stolzer aber auch pflichtbewusster Mann, doch habe ich zuvor von Giselher erfahren, warum mein Mann so zornig auf ihn war an dem Abend zuvor. Er wurde nun Schwerthand des Hauses. Jener Titel ist, so scheint es mir, nahezu so alt wie das Fürstentum Minas Faer, doch hatte er unter Salas eine andere Bedeutung. Herr Cardaan erzählte mir, dass damals die Schwerthand bloß dem Fürsten unterstellt war und nur dessen besondere Aufträge zu erfüllen hatte, die sich, so wie ich es verstanden habe, darauf beschränkten, Personen zu ermorden, die dem Fürsten lästig waren oder Feinde des Hauses darstellten. Mir wurde gesagt, dass aber auch unter Salas dies wohl eher weniger genutzt wurde und so scheint es mir ein Titel, auf dem der Träger sich ausruhen kann. Unter Cinlir wird so etwas nie in dem Maße von Nöten sein. Sollte es Widersacher geben, so wird er ihnen offen und mit seiner geballten Macht entgegentreten und sie wohl nicht aus dem Hinterhalt in einer dunklen Gasse ermorden lassen. Mir scheint, dass Cardaan diesen Wesenszug an Cinlir nicht verstanden hat. Ich versuchte ihm aufzuzeigen, dass ein Titel an den aber keine Taten geknüpft sind, ein leerer Titel ist. Was ist ein König ohne Land, das er regieren kann? Was ist ein Heermeister ohne Männer, die er befehlen kann? Herr Cardaan traf es wohl, dass er weiterhin als Wache des Hauses dienen müsste ohne besondere Privilegien. Ich versuchte ihm deutlich zu machen, dass dieses mehr Privilegien bringen würde als der Titel, wie er zu Salas Zeiten galt. Er würde weiterhin wissen über die Interna der Wache, könne weiterhin als Wache an Gesprächen teilnehmen und würde zusätzlich noch die Einblicke in die Vorgehensweisen der Höheren kommen, welche die anderen Wachen nie bekommen. All jenes gibt ihm mehr Wissen und Wissen ist Macht. Mehr Macht als ein leerer Titel. Ich hoffe wirklich, dass er es verstanden hat. Er gab an, dass er sich besonders Sorgen darüber machen würde, dass er seinem Sohn kein Erbe bieten könne. Doch ich hoffe, auch dort konnte ich seine Bedenken zerstreuen und ich wünsche ihm, dass er gelernt hat.

Mein nächstes Gespräch führte ich mit Freiherrn Elteror. Nach Giselhers Angaben ist er derjenige, der am häufigsten bei Ellena Wache hält und ich wollte von ihm erfahren, wie es wirklich um sie steht. Er jedoch wich meinen Fragen vorerst aus, gab an, dass er sich mehr darum kümmern würde, wie die Vorgänge in Gondor wären als Wache zu stehen. Doch konnte ich dieses durchblicken als er angab, dass er nicht mit reinem Gewissen darauf antworten könne, wie es der Gräfin ginge. Anscheinend sprechen beide recht oft und viel und sie hat ihm Dinge anvertraut, über welche er Verschwiegenheit geschworen hat. Er bekam einen besonderen Gesichtsausdruck als ich die Gräfin mit guten Worten bedachte und somit scheint es eindeutig, was vor sich zu gehen scheint.

Niemals würden Giselher oder der Freiherr offen gegen den Grafen sprechen, würden nie zugeben, dass es Ellena in dieser Ehe schlecht ergeht, doch sehe ich ihre Gesichter, lese zwischen den Zeilen, sowohl bei den Männern als auch bei Ellena und immer mehr verfestigt sich meine Vermutung. Ich werde mit Ellena sprechen in der Hoffnung, dass sie ehrlich mit mir ist und sich offenbart.

Als ich endlich nach Hause kam, wartete mein Herz dort auf mich. Er war sehr nachdenklich über jenes, was Giselher nach unserem Gespräch wohl zu ihm sagte. Ich hoffe, dass ich es schaffe vorher mit Ellena zu sprechen bevor Cinlir es tut. Ich habe den Eindruck, dass sie, so höflich und pflichtbewusst sie jedoch ist, Angst vor ihm hat. Und ich hoffe nicht, dass er in seiner polterigen Art sie noch mehr erschreckt wo ihr Herz eh voller Unsicherheit und Trauer ist. Danach sprachen wir kurz über das Tagebuch Salas’ welches ich nun weiterhin zur Hand nehme. Anscheinend bin ich wirklich die einzige Person, die seine Andeutungen hier versteht, dabei erscheint es mir sehr offensichtlich. Und ich muss sagen, auch wenn Salas mich beizeiten sehr verwirrt, so bin ich beeindruckt von seiner Energie, seiner Lebenslust, seinem Feuer. Solch ein Mensch kam mir bisher wirklich noch niemals unter. Er tat wohl alles in einer etwas übertriebenen, ja melodramatischen Art und Weise und doch muss ich zugeben, dass ich ihn dafür bewundere, dass er den Mut dazu hatte, auch wenn einiges schon sehr schändlich ist. Die arme Ellena wurde sehr betrogen von ihm und es tut mir im Herzen weh, auch wenn ihre Verlobung wohl hauptsächlich nur mehr auf dem Papier stand. Cinlir war überrascht davon, was ich sagte. Er selber sah wohl durch die Metaphern Salas’ nicht hindurch. Und ich muss wirklich zugeben, es gibt einige Dinge, die möchte ich wirklich nicht von jemand anderem außer meinem eigenen Gatten wissen. Aber ansonsten liest es sich wirklich wie ein spannender Roman und man hat Mitleid mit seinem Protagonisten. Diese innerliche Zerrissenheit, dieses Feuer was ihn wohl selber oft verbrannte. Es wundert mich nicht mehr, dass man einerseits diesen Mann so sehr bewunderte und doch wohl teilweise sich fürchtete und ihm trotzdem nicht widerstehen konnte.

Und ich habe einen Plan gefasst. Aber jener wird erst nicht hier auf das Papier gebannt. Gestern habe ich schon damit begonnen und vielleicht, vielleicht ist es wirklich etwas, was Cinlir gut tut und ihn vollständig zu dem Mann macht, der er sein kann.

Ob die Worte kommen werden?