Ein erneuter Brief nach Gondor

Lieber Drakon,

ich hoffe, es geht Dir gut dort im Osten, dort auf unserem Gut. Ich hoffe auch, dass Du brav stets ausreichend isst und schläfst. Und ebenso hoffe ich, dass Du nicht daran zweifelst, dass Dein Weg der Richtige war und ist. Nicht so zweifelst wie ich es in den letzten Tagen getan habe. Nymerah ist im Breeland! Ich habe sie zufällig in Bree getroffen und dachte erst es ist nur ein Trugbild aber sie ist es wirklich! Du siehst, dass ich umgeben bin von Brüdern und Schwestern und wenig könnte mich glücklicher machen. Vielleicht findest Du bald einmal Zeit uns besuchen zu kommen, denn ich bin sicher, dass sich alle, und natürlich auch Giselher, ungemein freuen würden Dich zu sehen.

Wie ich sagte, habe ich in den letzten Tagen gezweifelt. Nein, nicht an meiner Liebe zu Giselher, sondern an mir. Sicher geht es Dir dort wo Du bist auch so, dass Du die alten Zeiten vermisst, auch wenn Deine Zeiten oft andere waren als meine, aber es ist schwer die Veränderung zu akzeptieren, oder? Ich vermisse es im “Fuchs und Stute” zu sein, ausgelassen zu sein, ohne viel Sorgen einfach zu musizieren. Die Anwesenheit von Nym hat mich das alles schmerzlich vermissen lassen. Und da Du mich kennst, weißt Du, was ich noch vermissen könnte aber vielleicht ist es auch kein Vermissen sondern nur ein Teil von den alten Zeiten, die mehr fehlen. Es liegen einige schwere Tage hinter mir. Ich bin für einen Tag und eine Nacht nicht daheim gewesen, nachdem ich gar nicht mehr wusste wie mein Weg auszusehen hat. Es hat eine Nacht im Auenland und ein Gespräch mit einem Hobbit (Kennst Du Saladoc Wintermoor?) gebraucht, um mir bewusst zu machen, dass es völlig egal ist welchen Weg ich gehe, hauptsache Giselher ist an meiner Seite. Ich bin schon dumm, dass mir das selber nicht bewusst war. Und Giselher? Hat mich nicht gefragt was geschehen war, hat mich nur in die Arme geschlossen als ich wieder daheim war. Er ist so ein guter Mann, Drakon. Ich werde nie wieder daran zweifeln, dass ich eventuell nicht zu ihm gehören könnte. Er ist mein Bruder und mein Gatte und es ist so gut. Ich hoffe, dass ich nie wieder so dumm sein werde und ich hoffe, dass ich irgendwann mal erwachsen werde, um ihm die Frau zu sein, die er in allen Bereichen braucht. Bryanne mag sehr gut für Giselher sein aber Lady Aldorn ist nicht wirklich gut für Sir Aldorn. Aber ich werde mir Mühe geben und versuchen an die alten Zeiten einen Haken zu machen. Sie waren gut aber sie sind vorbei. Und ich denke, die Zeiten, die kommen werden, werden auch gut sein. Mögen die alten Zeiten mit unseren Brüder und Schwestern in den Hallen unserer Vorväter Ruhe finden.

Wo ich diese Zeilen schreibe fällt mir auf, dass ich dringend sobald ich diesen Brief ende zu Heridan gehen muss und eine Wette einlösen muss. Aber das nur am Rande. Und nein, keine schlimme Wette. Ganz gesittet…und das schreibe ICH. Ich werde gesittet. Ist das nicht gleichzeitig erstaunlich und erschreckend? Irgendwann werde ich noch eine von den alten Schachteln, die die Jugend auf ihre Verfehlungen hinweisen. Nein, nein, keine Sorge ich scherze nur – zumindest hoffe ich es.

Mir gehen nun aber auch die Themen aus, denn ansonsten geht alles seinen gewohnten Gang im Breeland. Giselher hat einen neuen Jungen in seine Dienste genommen. Fianah, eine Freundin von mir und die Schülerin von Heridan, hat einen gesunden Jungen zur Welt gebracht. Der Fürst und ich habe eine Art enge Freundschaft, wenn er auch einer der Menschen ist, die mich in wenigen Sekunden völlig zur Weißglut bringen können – noch eine Sache, die Giselher bestimmt sehr belastet. Ich muss da mehr aufpassen. Schrieb ich das nicht schon irgendwann? Oh je, anscheinend schaffe ich es immer noch nicht. Ansonsten gibt es hier noch eine Gardistin Mornadae, die Du, glaube ich, noch nicht kennengelernt hast. Sie hat wohl gemerkt vor einigen Tagen, dass es mir nicht gut geht aber nichts hasse ich mehr wenn man seinen Rat und Hilfe mir aufzwingen will, das weißt Du. Und sie hat es zur “Perfektion” gebracht. Ich glaube, ich werde sie in Zukunft meiden. Darüber hinaus hat sie einen Befehl von mir missachtet. Oh, da fällt mir ein, dass ich darüber noch mit Giselher sprechen muss.  Oh und ich habe vor öfter mit Herrn Englainion zu sprechen, ein Elb der der Berater des Fürsten ist und ein Freund von Giselher. Wir werden uns Geschichten erzählen, so dass weder sein Volk noch unsere Familie in Vergessenheit gerät. Und ich lerne einige Worte in der Elbensprache. Ich kann schon “Mond” und “Guten Abend”. Ebenso lerne ich von der Magd einige Worte in der Sprache der Harads. Eine sehr komische Sprache aber auch irgendwie schön. Man sagt “Shalem” als Gruß. Klingt doch schön oder? Vielleicht kann ich einige Lieder lernen von Herrn Englainion und Alyisha und dann singe ich sie Dir vor wenn wir uns das nächste Mal sehen was hoffentlich sehr bald sein wird.

Lass es Dir gut gehen, Brüderchen, und pass gut auf Dich auf.

In Liebe,

Deine Schwester Bryanne